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Verfassungsschutz Zeuge von Heilbronner Polizisten-Mord?


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Verfassungsschutz Zeuge von Heilbronner Polizisten-Mord?

Von dpa, t-online
Aktualisiert am 30.11.2011Lesedauer: 3 Min.
Mordopfer Kiesewetter: Polizisten suchen im Juli 2007 den Tatort an der Heilbronner Theresienwiese abVergrößern des BildesMordopfer Kiesewetter: Polizisten suchen im Juli 2007 den Tatort an der Heilbronner Theresienwiese ab (Quelle: dpa-bilder)
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Waren deutsche Verfassungsschützer bei dem Mord an der Heilbronner Polizistin Michèle Kiesewetter in unmittelbarer Nähe? Oder sogar in die Schießerei mit verwickelt? Wussten sie sogar, dass es sich um rechtsextreme Täter handelte? Dem Magazin "Stern" liegt nach eigenen Angaben ein geheimer Bericht eines US-Geheimdienstes vor, der diese Annahmen nahelegt.

Bei dem Mord, der den Zwickauer Neonazi-Terroristen zur Last gelegt wird, sollen nach dem "Stern"-Bericht Verfassungsschützer möglicherweise Augenzeugen gewesen sein. Agenten des US-Militärgeheimdienstes DIA hätten zusammen mit den Verfassungsschützern zeitgleich in Tatort-Nähe in anderer Sache Verdächtige beobachtet, berichtet das Magazin. Zudem werde in dem "augenscheinlich echten" Observationsbericht auf Rechtsextremisten Bezug genommen.

"Zwischenfall mit Schusswaffen"

Die US-Agenten seien mit Ermittlungen gegen mutmaßliche Islamisten befasst gewesen und hätten zusammen mit zwei Verfassungsschützern aus Baden-Württemberg oder Bayern ("LfV BW OR BAVARIA") operiert. Die Observation sei am 25. April 2007 wegen eines "Zwischenfalls mit Schusswaffen" abgebrochen worden, zitiert das Magazin.

In die Schießerei soll laut Protokoll auch ein Beamter aus Baden-Württemberg verwickelt gewesen sein. Wörtlich heißt es dem "Stern" zufolge in dem Bericht der Amerikaner: "Schießerei, in die BW Ops Offizier mit Rechtsextremen und regulärer Polizeistreife vor Ort verwickelt waren" ("Shooting incident involving BW ops officer with right wing operatives and regular police patrol on the scene").

Wer ist der Beamte?

Bei der "regulären Streife" muss es sich um Michèle Kiesewetter und ihren Kollegen handeln. Doch wer ist der Verfassungsschutzbeamte, und warum ist in dem Geheimdienstbericht bereits die Rede von Rechtsradikalen? Offiziell ist bei dem Heilbronner Polizistenmord nie von einer Neonazi-Tat ausgegangen worden, schreibt "Bild.de". Das Online-Portal spekuliert, dass die Verfassungsschützer womöglich geschwiegen haben, um die Ermittlungen nicht zu gefährden, um die es an diesem Tag eigentlich ging - Ermittlungen zur islamistischen "Sauerland"-Terrorgruppe.

Observiert wurden nämlich ein Unbekannter und der Deutschtürke Mevlüt K., der nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamtes den Terroristen der "Sauerland"-Gruppe in der Türkei die Zünder besorgt haben soll. Er soll zugleich ein Kontaktmann des türkischen Geheimdiensts gewesen und untergetaucht sein. Die drei Mitglieder der Gruppe waren im September 2007 im Sauerland verhaftet und 2010 verurteilt worden.

Bislang keine Bestätigung

Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Geheimdienste, Thomas Oppermann (SPD), erklärte, für den Medienbericht gebe es bisher keine Bestätigung. "Wir haben keine Hinweise bestätigt bekommen, dass der Verfassungsschutz oder amerikanische Geheimdienste die Ermordung von Michèle Kiesewetter beobachtet haben sollen", sagte Oppermann. Das Kontrollgremium habe Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) gebeten, dieses gegenüber den amerikanischen Stellen "restlos und schnell" aufzuklären - "damit Klarheit herrscht."

Nach Informationen von "Spiegel Online" dementierten deutsche Sicherheitsbehörden den Bericht des "Stern": "Mitarbeiter des Landesamtes waren nicht Teilnehmer einer angeblich vom US-Militärgeheimdienst 'Defense Intelligence Agency' am 25. April 2007 in Heilbronn durchgeführten Observation und auch nicht Zeugen des Mordes an der Polizistin Michèle Kiesewetter auf der Theresienwiese", hieß es laut "Spiegel Online" aus Stuttgart. Das Innenministerium in München habe erklärt, zum fraglichen Zeitpunkt sei kein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes in der Nähe des Tatorts gewesen.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz erklärte laut "Spiegel Online": "Zum Zeitpunkt des Mordes an der Polizistin Michèle Kiesewetter am 25. April 2007 auf der Theresienwiese in Heilbronn war keine Observation des BfV vor Ort." Die Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe teilte mit, man habe ebenfalls "keinerlei Anhaltspunkte" dafür, dass zum Tatzeitpunkt US-Agenten oder Verfassungsschützer am Tatort gewesen seien.

Weitere Unterstützer aus der NPD

Die Ermittlungen zur Thüringer Neonazi-Terrorzelle ergaben unterdessen, dass das Trio wohl weitere Helfer aus der rechtsextremen NPD hatte. "Wir haben heute auch erfahren, dass NPD-Mitglieder - nicht nur unter den bisher Festgenommenen - auch Teil des braunen Unterstützungsnetzwerks gewesen sind", sagte Oppermann. Die Hinweise auf weitere Helfer verdichteten sich. Das Mitwirken von NPD-Mitgliedern würde die Chancen für ein neues NPD-Verbotsverfahren verbessern.

Zuvor war der frühere NPD-Funktionär Ralf Wohlleben in Thüringen als mutmaßlicher Helfer der Zwickauer Neonazi-Zelle verhaftet worden. Seitdem hat die politische Diskussion um ein NPD-Verbot wieder an Fahrt gewonnen.

Nach Angaben von Oppermann informierten der Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, und Generalbundesanwalt Harald Range das Kontrollgremium über den Ermittlungsstand. Es habe keine Bestätigungen dafür gegeben, dass die mutmaßliche Terroristin Beate Zschäpe eine V-Frau beim Verfassungsschutz gewesen sei, sagte Oppermann. "Weder beim Thüringer Verfassungsschutz noch beim Bundesamt für Verfassungsschutz wurde sie als Verbindungsfrau geführt." Das gelte auch für die Beschuldigten und bisher Festgenommenen.

400 Ermittler verfolgen Terrorspur

Derzeit seien 400 Ermittler im Einsatz, teilte der Vorsitzende des Innenausschusses, der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach mit. Weitere 50 Beamte sollen noch hinzukommen. Zugleich lehnte Bosbach die von Linken und Grünen erhobene Forderung nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss ab. "Im Moment sehe ich nicht, was ein Untersuchungsausschuss oder ein Sonderermittler mehr herausfinden können als 400 Beamte."

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