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Satellitenbilder offenbaren Dicke der Erdkruste


Weltall
Weltkarte zeigt dünne Haut der Erde

spiegel-online, Von Axel Bojanowski, "Spiegel Online"

Aktualisiert am 15.03.2012Lesedauer: 3 Min.
ESA-Satellit "Goce" hat einen Atlas der Schwerkraft erstelltVergrößern des BildesESA-Satellit "Goce" hat einen Atlas der Schwerkraft erstellt (Quelle: ESA)
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Wo beginnt tief im Boden die vulkanische Unterwelt? Ein neuer Atlas enthüllt die Dicke der Erdkruste: Sichtbar wird etwa der Urgrund der Alpen und des Himalaja - und ein Schweißbrenner, der in der Zukunft Europa spalten wird.

Auf die dünne Haut der Erde kommt es an: Die Erdkruste bildet die Umwelt aller Lebewesen, in ihr lagern sämtliche Rohstoffe, und wenn sie bebt, drohen Katastrophen. Forscher wissen erstaunlich wenig über die äußere Hülle des Planeten, noch keine Bohrung hat sie durchdrungen. Vor allem Erdbebenwellen liefern Informationen aus der Tiefe. Nun aber präsentieren Wissenschaftler der Europäischen Raumfahrtbehörde (ESA) eine Weltkarte der Erdkrustendicke, die offenbart, was sonst unter der Oberfläche verborgen bleibt.

Ähnlich wie die zarte Haut eines Apfels liegt die Kruste auf der Erde. Der neue Atlas zeigt nun regionale Unterschiede: Deutlich zeichnen sich etwa die Wurzeln großer Gebirge wie der Alpen oder des Himalaja auf der Karte ab.

Auch die Spuren abtauchender Erdplatten im Untergrund werden sichtbar, beispielsweise unter Südamerika, wo der Meeresboden des Pazifiks mit einem Zentimeter pro Monat ins Erdinnere ruckelt. Der Atlas offenbart Spuren der Erdgeschichte, er zeigt, wo sich unter der Oberfläche alte Kontinente verbergen. Die Auswertung der Daten soll zudem Hinweise auf Bodenschätze liefern.

Abgeprallt im Boden

103 Jahre nach der Entdeckung der Erdkrustengrenze liege nun erstmals eine detailgenaue Weltkarte ihrer Dicke vor, jubelt die ESA. 1909 hatte der kroatische Seismologe Andrija Mohorovicic entdeckt, dass der Planet eine äußere Hülle hat: Die Wellen eines Erdbebens in Zagreb waren erstaunlicherweise wenige Kilometer im Boden abgeprallt - die Barriere zum Erdmantel heißt seither Mohorovicic-Diskontinuität, oder einfach Moho.

Noch immer basieren die meisten Karten des Untergrunds auf Erdbebendaten. Die Daten der neuen Weltkarte aber stammen aus dem All: In nur 255 Kilometer Höhe - so niedrig wie kein anderer Satellit - umschwebt die ESA-Sonde "Goce" die Erde, sie misst die Schwerkraft, also die Beschleunigung durch die Erdanziehung. Grob gilt der Grundsatz: Je stärker die Anziehungskraft, desto dünner die Erdkruste. Der Zusammenhang ergibt sich, weil das Gestein unter der Kruste massiger ist - es beschleunigt den "Goce"-Satelliten umso stärker, je näher es an der Oberfläche liegt.

Die Moho wirkt geradezu magisch auf Geoforscher: Die Untergrenze der Erdkruste markiert quasi den Beginn der Unterwelt, dort entspringen Vulkane. Direkt unter der Moho liegt aber zunächst das dunkle, schwere Gestein des Erdmantels, das zum großen Teil aus dem Mineral Olivin besteht. Darunter brodelt die mehr als tausend Grad heiße Asthenosphäre, eine teils geschmolzene Schicht, die Vulkane speist.

Die Wurzeln des Mount Everests

Unter Ozeanböden ist der Weg nicht so weit zum Magma im Untergrund, dort endet die Erdkruste teils schon in drei Kilometer Tiefe. Entlang der Mittelozeanischen Rücken quillt sogar das Magma aus dem Boden, dort liegt das Gestein des Erdmantels fast an der Oberfläche.

Die Moho offenbart die wahre Größe von Gebirgen: Wie Eisberge ragen Berge nur zu einem kleinen Teil hervor, ihr Hauptteil liegt versunken in der Erde. Die Moho-Weltkarte zeigt, dass die Alpen 50 Kilometer ins Erdinnere reichen - ihre Gipfel erheben sich gerade mal gut ein Zehntel so weit in den Himmel. Die Wurzeln des Himalaja liegen gar in knapp hundert Kilometer Tiefe, der Gipfel des höchsten Bergs - des Mount Everests -, türmt sich knapp neun Kilometer nach oben.

Besonders tief reicht die Moho auch im Norden Skandinaviens - dort verrät sich uralte Erdkruste im Untergrund: Die Region gehört zu den ältesten der Welt, mehrfach türmten sich zusammenstoßende Erdplatten zu Gebirgen auf und wurden teils wieder eingeebnet.

Deutschlands dicke Mitte

Die Kruste Deutschlands ist meist zwischen 30 und 40 Kilometer tief. Unter den Mittelgebirgen ist das Land besonders dick, dort verbirgt sich der Boden eines Ur-Ozeans im Boden. Er wurde vor rund 400 Millionen Jahren wie ein Keil in die Kruste getrieben, als sich der Süden des Landes gegen den Norden schob - und Deutschland damit erstmals vereint wurde.

Dünner wird die Erdkruste unter dem Südwesten Deutschlands. Dort kündigt sich das Auseinanderbrechen Europas an: Der Erdmantel wölbt sich bis 24 Kilometer unter die Erdoberfläche - wie ein Schweißbrenner drückt er die Erdkruste zwischen Basel und Mainz auseinander; regelmäßig künden leichte Erdbeben von der Spaltung.

Der Boden entlang des Oberrheingrabens bricht langsam entzwei. Beide Flanken des Oberrheingrabens haben sich im Laufe der vergangenen 30 Millionen Jahre bereits Dutzende Kilometer von einander entfernt; Vogesen und Schwarzwald waren einst vereint. Sofern die Spaltung weiter geht, könnte in einigen Millionen Jahren zwischen Deutschland und Frankreich ein Ozean schwappen.

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