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Internationale Politik | Mursi liest dem Westen die Leviten


Internationale Politik
Mursi liest dem Westen die Leviten

Von dapd, dpa
Aktualisiert am 31.01.2013Lesedauer: 3 Min.
Mursi kritisiert den WestenVergrößern des BildesEin bisschen Zuversicht, ein kleiner Seitenhieb und vor allem wenig Zeit: Mohammed Mursi (Quelle: Tobias Schwarz/reuters)
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Bei seinem Besuch im Kanzleramt hatte sich der ägyptische Präsident Mohammed Mursi zunächst diplomatisch gezeigt: Ägypten sei auf bestem Wege ein wahrhaft demokratischer Staat zu werden. Ganz nebenbei - fast unbemerkt - brachte er am Abend jedoch ungewohnt scharfe Kritik am Westen an.

Dem warf der Präsident richtigerweise vor, er habe arabische Diktatoren, wie Ägyptens Husni Mubarak viele Jahre unterstützt: "Westliche Staaten haben über Jahrzehnte das Leben solcher Regime verlängert." Daher müsse es jetzt zu einem gleichberechtigten Dialog auf Augenhöhe kommen. Es dürfe nicht sein, "dass eine Seite glaubt, sie könne sich über die andere Seite erheben".

"Falsche Beschreibung der Realität"

Mursi versicherte, dass sich die Lage in seinem Land keineswegs verschlechtert habe. "Das ist eine falsche Beschreibung der Realität." Es gebe natürlich individuelle Verstöße. Schuld seien unter anderem Überbleibsel des alten Regimes. Der 61-jährige Präsident versicherte, er wolle die demokratischen Reformen vorantreiben.

Die Verhängung des Notstands in Teilen des Landes verteidigte er als vorübergehende Maßnahme. "Sie dient der Sicherheit der Einwohner, um kriminellen Überfällen ein Ende zu setzen."

Auf die Frage, ob er die Opposition in eine Allparteienregierung einbinden wolle, sagte er, es gebe eine stabile Regierung. Nach den Parlamentswahlen in wenigen Monaten werde über eine neue Regierung entschieden.

"Ich bin nicht gegen das Judentum als Religion"

Zu Medienberichten über seine Äußerungen im Jahr 2010, die Zionisten in Israel seien "Blutsauger" und "Nachfahren von Affen und Schweinen", sagte Mursi, das sei aus dem Zusammenhang gerissen. Es sei damals die Rede von religiösen Praktiken gewesen, mit denen Blut vergossen oder mit denen unschuldige Zivilisten angegriffen würden. Das akzeptiere er nicht. Er betonte: "Ich bin nicht gegen das Judentum als Religion."

Anschließend wollte sich Mursi eigentlich den Fragen von 200 geladenen Gästen widmen. Da er sich jedoch um eine Stunde zu der Konferenz der Körber-Stiftung verspätet hatte, blieb am Ende keine Zeit für einen echten Austausch. Aus einer Fragestunde wurden zwanzig Frageminuten.

Merkel ermahnt Ägypten

Eigentlich wollte Mursi seinen Staatsbesuch nutzen, um über zusätzliche Finanzhilfen zu verhandeln und Investitionen in seinem Land anregen. Wegen der anhaltenden Spannungen in Ägypten - am Mittwoch kam es in Kairo erneut zu Straßenschlachten zwischen Demonstranten und Polizei mit Toten und Verletzten - verkürzte Mursi seinen ursprünglich zweitägig geplanten Besuch um einen Tag und sagte ein Treffen mit Bundespräsident Joachim Gauck ab.

Angela Merkel mahnte den ägyptischen Staatsmann während des Treffens am Nachmittag zur Einhaltung von Demokratie und Menschenrechten. Für die Bundesregierung sei es wichtig, dass alle politischen Kräfte in Ägypten beachtet werden und ein Gesprächsfaden zu ihnen bestehe. "Ich wünsche, dass die Entwicklung in Ägypten friedlich sein kann und allen demokratischen Kräften Raum gibt. Es kommt darauf an, die Arbeit, die noch getan werden muss, jetzt voranzubringen."

Eine der Voraussetzungen für stabile politische Verhältnisse sei eine gute Wirtschaftsentwicklung, sagte die Kanzlerin. Für die deutsche Wirtschaft seien rechtlich stabile Rahmenbedingungen für Investitionen in Ägypten zwingend.

Außenminister Guido Westerwelle sagte im ARD-"Morgenmagazin": "Ich rate uns, geben wir der Revolution in Ägypten - bei allen Bildern, die uns schockieren - dennoch eine Chance." Die deutsche Unterstützung sei an Bedingungen geknüpft. "Die Transformationspartnerschaft, die wir angeboten haben, hängt klar davon ab, dass auch die demokratische Entwicklung in Ägypten vorwärtsgeht." Entscheidend seien Taten, nicht Worte.

Viele Worte, wenig Taten

An der Grundstimmung - einer großen Unsicherheit, wie es in Ägypten weitergehen wird - hat sich in Berlin auch nach dem achtstündigen Staatsbesuchs des ägyptischen Präsidenten nichts geändert. Immer noch liegt allzu viel im Ungewissen.

Konkrete Ergebnisse des Besuchs gab es keine. Die größte Hoffnung der Ägypter - zusätzliches Geld aus Deutschland - erfüllte sich nicht.

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