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Linke steht vor Lafontaine-Comeback


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Linke steht vor Lafontaine-Comeback

spiegel-online, Von Björn Hengst

Aktualisiert am 04.10.2011Lesedauer: 4 Min.
Linke-Politiker Oskar Lafontaine: Der Saarländer will zurück in den BundestagVergrößern des BildesLinke-Politiker Oskar Lafontaine: Der Saarländer will zurück in den Bundestag (Quelle: dapd)
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Sein Job als Fraktionschef der saarländischen Linken genügt ihm offenbar nicht mehr: Oskar Lafontaine drängt auf die politische Bühne in Berlin zurück - nach Informationen von SPIEGEL ONLINE will der 68-Jährige 2013 wieder für den Bundestag kandidieren. Auch von einer führenden Rolle ist die Rede.

Hamburg - Sein Kalender ist schon seit einigen Wochen wieder mit Terminen außerhalb des Saarlandes gefüllt: Anfang September trat Oskar Lafontaine beim Landesparteitag der NRW-Linken auf, in Polit-Talks im Fernsehen ist er weiterhin gefragt, zuletzt diskutierte er am Sonntag in der ARD-Sendung "Günther Jauch" mit Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) über die Rente. Am kommenden Samstag ist eine Rede des 68-Jährigen auf einer Programmkonferenz des linken Parteiflügels der Genossen in Berlin geplant. Zudem erhielt sein Internetauftritt jüngst einen frischeren Anstrich.

Oskar Lafontaine ist wieder verstärkt auf allen Kanälen präsent.

2010 hatte sich der Physiker wegen einer Krebserkrankung von seinen Spitzenämtern zurückgezogen: Er gab die Posten als Linke-Parteivorsitzender und Bundestagsfraktionschef ab, auch sein Bundestagsmandat legte er nieder. Fortan konzentrierte sich Lafontaine auf seinen Job als Fraktionschef im saarländischen Landtag. Manche hielten das für eine Art Polit-Rentnerdasein.

Aber mit dem ruhigen Leben im beschaulichen Saarland ist es für den wieder genesenen Lafontaine möglicherweise schon bald vorbei. Nach Informationen von SPIEGEL ONLINE will der Saarländer 2013 wieder für den Bundestag kandidieren. "Es ist ein offenes Geheimnis, dass Lafontaine zurück in den Bundestag will", sagte ein Vertrauter des Ex-Parteichefs. Es würde dann automatisch auf eine Spitzenkandidatur zusammen mit Fraktionschef Gregor Gysi hinauslaufen, sagte der Vertraute weiter. "Lafontaine ist fit wie ein Turnschuh."

Vor zwei Jahren waren Gysi und Lafontaine auf dem Parteitag in Berlin per Akklamation zu den Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl 2009 gekürt worden.

Erneute Unruhe in der kriselnden Partei

Zuletzt hatte sich bereits Parteivize Sahra Wagenknecht für eine erneute Spitzenkandidatur von Gysi und Lafontaine bei der nächsten Bundestagswahl stark gemacht. "So eine Konstellation wird von der übergroßen Mehrheit der Linken gewünscht", sagte Wagenknecht der "Leipziger Volkszeitung". Lafontaine stehe für den größten Wahlerfolg, den die Linke je erreicht habe.

Ein Parteisprecher sagte zu dem Zeitungsbericht: "Es gibt keine Pläne, es sind alles Sandkastenspiele."

Wagenknechts Vorstoß sorgt dennoch für erneute Unruhe in der kriselnden Partei. Die einstige Wortführerin der Kommunistischen Plattform, eines Zusammenschlusses der Fundamentalisten in der Linken, gilt als politische Vertraute des früheren Parteichefs. Bei den Genossen glaubt deshalb kaum jemand, dass Wagenknecht öffentlich über eine Rückkehr Lafontaines nach Berlin plauderte, ohne sich mit dem Saarländer darüber abgestimmt zu haben.

Vor allem sind manche Genossen genervt, dass kurz vor dem Bundesparteitag vom 21. bis 23. Oktober in Erfurt wieder über Personalien gesprochen wird - bei dem Treffen wollen die Genossen ihr Grundsatzprogramm beschließen.

Sie sei "etwas verwundert", sagte Dagmar Enkelmann, Parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion im Bundestag, über Wagenknechts Vorschlag. "Wir haben in Partei und Fraktion miteinander vereinbart, dass wir derzeit keine Personaldebatte führen. Wir wollen in Erfurt ein Programm verabschieden, das attraktiv für die Wähler ist."

Kritisch äußerte sich auch Steffen Bockhahn, Chef der Linken in Mecklenburg-Vorpommern: "Diejenigen, die am lautesten nach Ruhe und Geschlossenheit rufen, führen jetzt ausgerechnet die Personaldebatte, die sie angeblich nicht wollen. Ich werde mich daran nicht beteiligen."

Ähnlich argumentierte Thüringens Linke-Fraktionschef Bodo Ramelow: "Es geht jetzt um unseren Erfurter Parteitag. Eine Diskussion über mögliche Kandidaturen für die Bundestagswahl gehört derzeit nicht auf die Tagesordnung." Er würde Lafontaine und Gysi allerdings eine "erfolgreiche Kampagne" zutrauen. "Sie waren in der Vergangenheit unsere Erfolgsgaranten."

Auch Parteichefin Gesine Lötzsch äußerte sich zurückhaltend über den Vorstoß von Wagenknecht: "Meine Konzentration gilt dem Parteitag in Erfurt. Dort wollen wir mit großer Mehrheit ein Grundsatzprogramm beschließen", sagte die Ost-Berlinerin SPIEGEL ONLINE.

"Von einer geschlossenen Partei sind wir himmelweit entfernt"

Lafontaine in prominenter Rolle zurück in Berlin? Manche Genossen würden einen solchen Schritt für ein denkbar ungünstiges Signal halten: "Wir haben in der Partei andere Kandidaten, die Führungsaufgaben übernehmen können, und brauchen kein Zurück in die Vergangenheit", sagte ein führender Linker, der nicht namentlich genannt werden wollte.

"Wir brauchen jüngeres Personal an der Spitze. 2013 wird Lafontaine 70 Jahre alt - ein zukunftsträchtiges Konzept muss anders aussehen", sagte eine einflussreiche Linke.

Eine Spitzenkandidatur Lafontaines wäre zudem ein programmatisches Signal: Der Saarländer gilt als Verfechter eines kompromisslosen Oppositionskurses - und stößt deswegen bei reformorientierten Linken, die ihre Partei in Bündnisse mit SPD und Grünen führen wollen, auf massive Bedenken.

In der Vergangenheit hatte es mehrfach Spekulationen über eine Rückkehr Lafontaines in die Bundespolitik gegeben. So hatte etwa Gregor Gysi im April erklärt, dass sein früherer Ko-Fraktionschef einen solchen Schritt "für Notsituationen" nicht ausschließe. Was eine Notsituation ist, wollte Gysi damals nicht sagen.

Die Lage der Partei gilt derzeit als ausgesprochen schwierig: Die Linke hat in diesem Jahr eine Serie von Pleiten bei Landtagswahlen einstecken müssen und dabei unter anderem ihre Regierungsbeteiligung in Berlin verloren. Neben permanenten Flügelkämpfen müssen sich die Genossen mit schlechten Umfragewerten auseinandersetzen: Derzeit liegt die Partei bundesweit nur noch bei sieben Prozent - in ihren besten Zeiten lag sie bei zwölf Prozent. Lötzschs Ko-Parteichef Klaus Ernst beklagte sich am Wochenende auf dem hessischen Landesparteitag über den Zustand der Linken: Es gebe permanente Querelen. "Von einer geschlossenen Partei sind wir himmelweit entfernt."

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