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Christian Wulff hat auch "Welt am Sonntag" bedrängt


Gesellschaft
Wulff hat auch "Welt am Sonntag" bedrängt

spiegel-online, Von Anna Reimann

Aktualisiert am 03.01.2012Lesedauer: 4 Min.
Das Medienecho für den Bundespräsidenten ist verheerendVergrößern des BildesDas Medienecho für den Bundespräsidenten ist verheerend (Quelle: dapd)
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Das Vorgehen des Bundespräsidenten bei der "Bild"-Zeitung war kein Einzelfall. Auch bei der "Welt am Sonntag" hat Christian Wulff angerufen, um einen Artikel zu verhindern. Chefredakteur Peters spricht gegenüber Spiegel Online von einem "eisigen und sehr heftigen" Gespräch.

Christian Wulffs Anrufe bei der "Bild"-Zeitung waren kein einmaliger Vorfall. Schon Monate zuvor hat der Bundespräsident versucht, bei einem anderen Springer-Blatt einen Bericht zu verhindern. Wie die "Welt" am Dienstag schrieb, habe die "Welt am Sonntag" (WamS) im Sommer 2011 "bei einer Recherche ganz ähnliche Erfahrungen wie nun die 'Bild'-Zeitung gemacht". Jan-Eric Peters, Chefredakteur der "Welt"-Gruppe", bestätigte den Vorgang auf Spiegel Online.

Um die Veröffentlichung eines Artikels zu verhindern, habe das Bundespräsidialamt laut "Welt" massiv interveniert - nicht nur beim Chefredakteur, sondern auch an höchsten Verlagsstellen. "Einer der Autoren wurde in der Sache ins Schloss Bellevue gebeten", heißt es in der Zeitung. Dort habe Wulff dem Redakteur persönlich mit "unangenehmen und öffentlichkeitswirksamen Konsequenzen" gedroht, sollte der Artikel veröffentlicht werden. Die Zeitung schreibt nicht, um welchen Beitrag es sich handelte, sondern erläutert nur knapp: "Der Artikel wurde veröffentlicht."

Es handelt sich um ein mehrseitiges Stück über Wulffs Familie, das die "Welt am Sonntag" Ende Juni veröffentlicht hat. Der Titel: "Die Wulffs von nebenan", online betitelte die "Welt" das Stück mit "Die Geschichte der heimlichen Schwester". Darin hieß es, dass Wulff auch als Bundespräsident "nett, solide und leise" sei, so wie man es von ihm erwarte. "In seiner Familie ging es nicht immer so ruhig zu", schrieb die "Welt am Sonntag".

Peters schilderte Spiegel Online den genauen Vorgang: Ein paar Tage vor der Veröffentlichung des Artikels habe die Redaktion der Zeitung schriftlich Fragen an den Bundespräsidenten gestellt - alle seien unbeantwortet geblieben. "Stattdessen gingen in der Redaktion mehrere Anrufe aus dem Bundespräsidialamt ein mit dem Ziel, die Geschichte zu verhindern. Als klar war, dass wir den Artikel trotzdem veröffentlichen wollten, wurde einer der Reporter am Samstag wenige Stunden vor Redaktionsschluss ins Schloss Bellevue gebeten."

"Unser Reporter war sehr überrascht"

Dort habe Wulff dem Reporter in einem langen Vier-Augen-Gespräch damit gedroht, dass er im Falle einer Veröffentlichung sofort eine Pressekonferenz einberufen und dort erklären würde, dass die "Welt am Sonntag" eine Grenze überschritten habe. Außerdem habe Wulff angekündigt, jede Zusammenarbeit mit der "Welt" zu beenden, falls das Stück publiziert würde, so Peters. "Unser Reporter, ein erfahrener Journalist, war sehr überrascht von dem Vorgang und sagte mir, er habe diesen Teil des Gesprächs als eisig und sehr heftig empfunden. Nach dem Gespräch versuchte Wulff an höchsten Verlagsstellen, unter anderem beim Vorstandsvorsitzenden zu intervenieren. Ich habe trotzdem entschieden, die Geschichte zu veröffentlichen", sagt der Chefredakteur.

Oliver Michalsky, stellvertretender Chefredakteur der "Welt"-Gruppe hatte bereits am Vormittag via Facebook den betreffenden Artikel gepostet. Dazu schreibt Michalsky: "Wegen dieses Artikels übrigens wurde 2011 ein Kollege ins Schloss Bellevue komplimentiert, wo der Bundespräsident persönlich mit unangenehmen Konsequenzen im Fall einer Veröffentlichung drohte."

Vom Präsidialamt gab es dazu bislang keine Stellungnahme. In dem Stück ging es um eine Halbschwester Wulffs, Bettina Mertschat-Wulff, mit der die Autoren sich getroffen hatten. "Sie ist die Schwester, die es eigentlich nicht gibt. Ihr Leben ist eine unerwähnte Episode im Leben des Bundespräsidenten", schrieben die Journalisten. Der Beitrag thematisiert Wulffs schwierige Kindheit. Der Vater hatte die Familie verlassen, als Wulff zwei Jahre alt war. Seine Mutter war schwerkrank. Mit einer anderen Frau bekam Wulffs Vater ein weiteres Kind - die in dem Artikel interviewte Halbschwester.

Rückendeckung für Wulff schwindet

Die Frau erklärte der "Welt am Sonntag", sie sei das einzige Familienmitglied Wulffs, das im Leben des Bundespräsidenten nicht vorkomme. Vor 13 Jahren hätten sich die beiden zuletzt gesehen. Es gebe nichts, was sie sich mehr wünsche, als dass Wulff sie ins Schloss Bellevue einladen würde.

Offenbar fürchtete Wulff die Geschichte so sehr, dass er die Journalisten bedrängte. Ob dabei ähnlich scharfe Wörter fielen wie bei seinen Drohanrufen bei der Bild-Zeitung, ist nicht bekannt. Dem Springer-Blatt hatte Wulff wegen eines kritischen Artikels gedroht, von "Krieg" und von strafrechtlichen Konsequenzen soll die Rede gewesen sein.

Innerhalb der schwarz-gelben Koalition schwindet deshalb der Rückhalt für Wulff. FDP-Vize Holger Zastrow nannte Wulff einen Bundespräsidenten ohne Größe. "Wenn es so sein sollte, dass er als Bundespräsident persönlich zum Hörer greift, einen Chefredakteur anruft, auf die Mailbox spricht, dann ist das nicht die Größe, die ich von einem Bundespräsidenten erwarte", so Zastrow am Dienstag auf MDR Info.

Zwar müsse mit einem Bundespräsidenten generell respektvoll umgegangen werden. Wulff sei jetzt aber "in der Pflicht, das aufzuklären". "Und da erwarte ich, dass er sich diese Woche erklärt." Der Liberale fügte hinzu, die Vorwürfe gegen das Staatsoberhaupt seien nicht geeignet, von einem Gericht entschieden zu werden. "Es ist ja nur menschlich komisch, dass er zu solchen Mitteln greift."

Wulff schweigt bisher auch zu dem Fall. "Über Vier-Augen-Gespräche und Telefonate gibt der Bundespräsident grundsätzlich keine Auskunft", teilte das Bundespräsidialamt lediglich mit. Die Presse- und Rundfunkfreiheit sei für den Bundespräsidenten ein hohes Gut. Er habe deshalb zu den Krediten für sein Eigenheim und zu Urlaubsaufenthalten Transparenz hergestellt, Erklärungen abgegeben und mehrere hundert Medienanfragen beantwortet.

Die Staatsanwaltschaft Hannover prüft derweil einen Anfangsverdacht wegen Vorteilsnahme gegen Wulffs ehemaligen Sprecher Olaf Glaeseker. Das berichtete die "Neue Presse". Die Zeitung berief sich auf einen Sprecher der Ermittlungsbehörde.

Glaeseker soll dem Blatt zufolge ab 2008 mit seiner Frau Vera dreimal in Auslandsquartieren des Event-Unternehmers Manfred Schmidt gratis Urlaub gemacht haben, darunter in Barcelona und in Südfrankreich. Glaeseker war damals Niedersachsens Regierungssprecher im Rang eines Staatssekretärs und hätte als Landesbediensteter teure Geschenke wie Gratisurlaube möglicherweise nicht annehmen dürfen. Ministerpräsident war zu dieser Zeit Wulff.

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