t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomePolitikAuslandKrisen & Konflikte

Waffen der Hamas: Das Arsenal des Terrors


Krisen & Konflikte
Waffen der Hamas: Das Arsenal des Terrors

spiegel-online, Von Ulrike Putz, Beirut

20.11.2012Lesedauer: 4 Min.
Die Waffen der HamasVergrößern des BildesKämpfer des palästinensischen Islamischen Dschihad mit selbstgebauten Kuds-Raketen (Quelle: dpa-bilder)
Auf Facebook teilenAuf x.com teilenAuf Pinterest teilen
Auf WhatsApp teilen

Rund tausend Geschosse hat die Hamas auf Israel abgefeuert. Zum Arsenal der Islamisten zählen Raketen aus Iran und China, außerdem viele selbstgebaute Kassam. Die meisten Waffen will Israel nun zerstört haben. Doch so lange Nachschub aus Ägypten kommt, ist die Macht der Radikalen ungebrochen.

Die Waffenlager der Hamas im Gaza-Streifen stehen unter Dauerbeschuss. Seit sechs Tagen bombardiert die israelische Luftwaffe - nach eigenen Angaben die beste der Welt - Ziele in dem Gebiet. Da ist es fast erstaunlich, dass noch Raketen übrig sind, die auf Israel abgeschossen werden können. Doch in Aschkelon und anderen israelischen Städten in der Nähe des von den Islamisten beherrschten Küstenstrichs gab es auch am Dienstag wieder Luftalarm.

Die militärische Macht der Hamas ist anscheinend nur geschwächt, nicht gebrochen. Einige ihrer Raketenstellungen scheinen so gut versteckt, dass die israelische Luftwaffe sie bislang nicht ausschalten konnte. Jerusalem hat gezählt, dass seit Beginn der Kämpfe am vergangenen Mittwoch tausend Geschosse aus dem Gaza-Streifen abgefeuert worden sind. Ein Mehrfaches davon will die Luftwaffe noch am Boden unschädlich gemacht haben, doch einige - vermutlich unterirdische - Abschussrampen waren auch am Dienstag noch in Betrieb.

Die Frage, wie groß das Raketenarsenal der Hamas ist, mit welchen Fabrikaten es bestückt und wie gut getarnt es ist, lässt sich nur anhand solcher Indizien zu beantworten. Zwar brüsten sich radikale Palästinenser im Gaza-Streifen gern mit ihren militärischen Fähigkeiten und führen Journalisten auch mal Werkstätten vor, in denen junge Männer Kassam-Raketen bauen - doch darüber, wie viele Raketen sie auf Tel Aviv und Jerusalem abschießen könnten, möchte die Hamas Israel und die Welt aus taktischen Gründen im Unklaren lassen.

Waffen aus Iran und China

Und so bleiben nur Spekulationen darüber, mit welcher Feuerkraft die Hamas und andere Extremisten in Gaza in diesem ungleichen Kampf Israel gegenüberstehen. Israelische Quellen gehen davon aus, dass die Waffenlager der Hamas zu Beginn des jetzigen Konflikts mit in- und ausländischen Fabrikaten gut gefüllt waren:

  • Danach sollen den Islamisten etwa hundert iranische Fajr-5-Raketen nebst dazugehörigen Abschussrampen zur Verfügung gestanden haben. Die Fajr-5 ist sechseinhalb bis sieben Meter lang, allein der Sprengkopf wiegt gut 175 Kilo. Sie hat eine Reichweite von bis zu 75 Kilometern, damit liegen Tel Aviv und Jerusalem in ihrem Radius.
  • Einige chinesische WS-1E sollen sich in den Arsenalen der Hamas befunden haben. Sie haben einen Radius von etwa 40 Kilometern.
  • Bekannt ist, dass die Hamas zudem mehrere hundert Grad-Raketen in verschiedenen Ausführungen hatte. Ausgestattet mit unterschiedlich schweren Sprengköpfen haben sie einen Radius zwischen 20 und 40 Kilometern. Auch die Grads sollen aus Iran stammen.
  • Zusätzlich zu den importierten Waffensystemen konnte die Hamas auf Tausende im Gaza-Streifen hergestellte Geschosse zurückgreifen. Die Mörsergranaten und primitiven Kassam-Raketen, die die Extremisten mit Hilfe von Düngemitteln und in den Küstenstrich geschmuggeltem Sprengstoff herstellen, fliegen gemeinhin nur etwa zehn bis 15 Kilometer weit. Angeblich sollen seit einiger Zeit iranische Ingenieure die Waffenkonstrukteure beraten. Die hätten seitdem mit dem Bau von verbesserten Modellen mit größerer Reichweite begonnen.

Von Iran über den Sudan und Ägypten nach Gaza

Dass die Waffenlager der Hamas derart gut bestückt waren, war das Werk eines Mannes: Hamas-Militärchef Ahmed al-Dschabari. Seine Tötung markierte den Auftakt zum jetzigen Waffengang. Am vergangenen Mittwoch zerstörte eine israelische Rakete das Auto, in dem Dschabari mit Begleitern unterwegs war, er und seine Männer starben. Dschabari hatte es verstanden, sich die veränderte politische Lage in Nahost geschickt zunutze zu machen. Im Arabischen Frühling verlor der ägyptische Diktator Husni Mubarak sein Amt, es kamen die Muslimbrüder an die Macht, die Mutterorganisation der Hamas. Damit stand dem Import auch großkalibriger Waffen in den Gaza-Streifen nichts mehr im Wege.

Beobachter gehen davon aus, dass die Fajr-5 in den vergangenen 18 Monaten in den Gaza-Streifen gelangt sind. Sie sollen von ihrem iranischen Hersteller in den Sudan und von dort per Lkw-Konvoi durch die ägyptische Wüste an die Grenze zum Gaza-Streifen transportiert worden sein. Es scheint undenkbar, dass das ohne Wissen und Duldung offizieller ägyptischer Stellen passierte: Mit den über zehn Meter langen Abschussrampen wiegt das Waffensystem eineinhalb Tonnen. An der Grenze angekommen, sollen Raketen und Rampen auseinandermontiert und durch Schmugglertunnel in den Gaza-Streifen gebracht worden sein. Mehrfach gab es zudem Berichte, wonach Waffen aus den geplünderten Arsenalen des früheren libyschen Diktators Muammar al-Gaddafis auf den Weg in den Gaza-Streifen seien.

Israel hat schon vor dem jetzigen Waffengang versucht, gegen die Aufrüstung der Hamas vorzugehen:

  • Ende Oktober kam es zu einem bis heute nicht aufgeklärten Luftangriff auf eine Waffenfabrik im Sudan, hinter dem allem Anschein nach Israel steckte.
  • Im April vergangenen Jahres tötete ein Luftangriff einen Palästinenser im Sudan. Er soll der Nachfolger des Waffeneinkäufers der Hamas, Mahmud al-Mabhuh, gewesen sein, der Anfang 2010 in Dubai vom Mossad ermordet wurde.
  • Im März 2011 soll Israel zudem einen Waffenkonvoi im Sudan angegriffen haben.
  • Außerdem bombardierte die israelische Luftwaffe wiederholt die Schmugglertunnel, durch die Waren und Waffen in den Gaza-Streifen gelangen. Auch Raketenabschussrampen wurden in den vergangenen Monaten ein ums andere Mal angegriffen. Nicht zuletzt aber galten die Angriffe Israels den Männern, die die Raketen beschaffen und sie abschießen: Dschabari war der prominenteste Waffenspezialist der Hamas, sein Tod sorgte für Aufsehen und löste die jetzige Krise aus. Doch in den Monaten zuvor hatte Israel bereits Dutzende Männer getötet, von denen es glaubt, dass sie der Raketen-Miliz angehören.

Ägyptens Unterstützung für die Hamas

Daran, dass die militärische Kapazität der Hamas stark gemindert wurde, dass ihr Arsenal und Personal in den vergangenen Tagen dezimiert wurde, besteht kein Zweifel. Doch gebrochen ist die Macht der Hamas nicht. Solange die Nachschubroute Iran-Sudan-Ägypten nicht unterbrochen ist, werden die Lager der Islamisten bald wieder gefüllt sein.

Doch Kairo, in dessen Hand es liegt, den Waffenschmuggel zu unterbinden, wird sich so schnell nicht von seiner Unterstützung der Hamas abbringen lassen. Dafür bedarf es langer, weitreichender Verhandlungen. Die Palästinenser und Ägypten werden von Israel und den USA Zugeständnisse verlangen. Ein Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas ist nur der Anfang.

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website