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Wannseekonferenz: 70. Jahrestag der Anleitung zum Völkermord


Anleitung zum Völkermord - 70 Jahre Wannsee-Konferenz

dpa, Von Esteban Engel, dpa

Aktualisiert am 20.01.2012Lesedauer: 3 Min.
Die Villa Marlier am Wannsee in Berlin: Hier wurde vor 70 Jahren die "Endlösung der Judenfrage" besprochenVergrößern des BildesDie Villa Marlier am Wannsee in Berlin: Hier wurde vor 70 Jahren die "Endlösung der Judenfrage" besprochen (Quelle: dpa-bilder)
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Sie gehören zur Elite des Regimes: Die 15 NS-Funktionäre, die sich am 20. Januar 1942 am Berliner Wannsee treffen, sind sich nach 90 Minuten einig. Sicherheitschef Reinhard Heydrich übernimmt die Federführung bei der "Endlösung der Judenfrage". Das Sitzungsprotokoll, das "Judenreferent" Adolf Eichmann verfasst, wird später zum Schlüsseldokument für den Holocaust. 70 Jahre nach der Wannsee-Konferenz lässt Historiker diese Anleitung zum Völkermord nicht los.

Heute erinnert Bundespräsident Christian Wulff in der Gedenkstätte in Berlin an das folgenschwere Geschehen. Anschließend wollen Historiker auf einer internationalen Tagung über neue Erkenntnisse zum Verlauf und den Folgen der Wannsee-Konferenz debattieren. An der Gedenkfeier wird auch der israelische Minister ohne Geschäftsbereich, Yossi Peled, teilnehmen.

Weitgehend unstrittig ist, dass schon vor der Konferenz die Entscheidung fiel, dass kein Jude im deutschen Einflussbereich das Ende des Krieges überleben sollte. Bis dahin hatten SS-Einsatzgruppen hinter den Wehrmachtslinien im Osten schon mehr als eine halbe Million Juden ermordet. Am Wannsee sollten die Staatssekretäre und Behördenchefs nun den gesamteuropäischen Genozid absprechen.

"Vernichtung durch Arbeit"

Kaum verhüllt wird auf 15 Seiten der Weg in den Tod beschrieben, penibel die Zahl der Juden Europas mit elf Millionen Menschen festgehalten. Der Kontinent sollte "vom Westen nach Osten durchgekämmt", die "evakuierten Juden" in "Durchgangsghettos" gebracht werden. Die Arbeitsfähigen sollten Straßen bauen, "wobei zweifellos ein Großteil durch natürliche Verminderung ausfallen wird". Die Überlebenden sollten "entsprechend behandelt" werden. "Vernichtung durch Arbeit", lautet der Befehl.

Hatten die Beamten, die sich auf Einladung von Heydrich im Gästehaus seines Reichssicherheitshauptamtes versammelten, die Befugnis zu einer solch weitreichenden Entscheidung? Für Norbert Kampe, Direktor der Gedenkstätte "Haus der Wannsee-Konferenz", ist das ausgeschlossen. Ohne Absicherung von oben hätten die Ministerialbürokraten ein solches Programm nicht beschließen können. "Die Entscheidung ist früher gefallen."

Adolf Hitler selbst hat den Befehl für den Völkermord wohl nie schriftlich festgehalten. "Das passte nicht zu ihm, Hitler hasste die Bürokratie", sagt Kampe. Doch drei Tage nach seiner Kriegserklärung an die USA am 9. Dezember 1941 rief Hitler die Gauleiter aus dem gesamten Reich nach Berlin.

Aus Hasstiraden Hitlers entwickelten sich Handlungsanweisungen

Mit der Ausweitung des Krieges über den Atlantik sollte die Verfolgung der Juden verschärft werden, hämmerte der "Führer" der NS-Spitze ein. Weltweit sollten jüdische Menschen für die Niederlage im Ersten Weltkrieg büßen, sie seien auch die Urheber des neuen Krieges. "Solche Tiraden Hitlers wurden von der NS-Spitze auf die unteren Ebenen als Handlungsanweisungen weitergeleitet", sagt Kampe.

Für den Londoner Historiker Peter Longerich wird nun die "Endlösung" zur Klammer der deutschen Besatzungs- und Bündnispolitik. Die Judenvernichtung sollte nicht erst nach dem gewonnenen Krieg vollzogen werden, sondern parallel zu den Kampfaktionen stattfinden.

Für die Sitzung am Wannsee hatte sich Heydrich einen Blankoscheck von Reichsmarschall Hermann Göring geben lassen. Der Sohn aus bürgerlichem Hause sollte eine "Gesamtlösung der Judenfrage im deutschen Einflussgebiet in Europa" vorbereiten. Heydrich sollte den Staatsapparat auf Linie bringen, die Beamten als Mittäter und Mitwisser "festnageln", wie Eichmann später im Prozess in Jerusalem aussagte.

Heydrich drängt auch darauf, den Kreis der Opfer auszuweiten. Auf mehreren Seiten wird festgehalten, wie Juden und "Mischlinge" ersten und zweiten Grades zu behandeln seien.

Der "Reichsprotektor von Böhmen und Mähren" wird im Mai 1942 von Widerstandskämpfern in Prag bei einem Bombenanschlag schwer verletzt, wenige Tage später erliegt er seinen Verletzungen.

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