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Mysteriöses Primzahlen-Rätsel gelöst?


Wissen
Japaner präsentiert Lösung für Primzahlen-Rätsel

spiegel-online, Von Holger Dambeck

26.09.2012Lesedauer: 4 Min.
Primzahl-Tabelle: "Das ist eine ganz chaotische Situation"Vergrößern des BildesPrimzahl-Tabelle: "Das ist eine ganz chaotische Situation" (Quelle: Archiv)
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Der Beweis ist Hunderte Seiten lang - und er lässt Experten weltweit hoffen. Der japanische Mathematiker Shinichi Mochizuki hat erklärt, eine Lösung für die legendäre abc-Vermutung gefunden zu haben. Sollte seine Rechnung stimmen, würde sich das Wissen über die mysteriösen Primzahlen enorm erweitern.

Primzahlen sind mysteriös. Sie sind nur durch 1 und sich selbst teilbar, es gibt unendlich viele von ihnen - aber ihr Auftreten scheint zufällig zu sein. Manchmal folgen zwei Primzahlen im Abstand von 2 aufeinander - zum Beispiel 11 und 13 oder 41 und 43. Dann gibt es plötzlich große Lücken von einer Primzahl zur nächsten - zum Beispiel zwischen 113 und 127. Die Riemannsche Vermutung, die salopp formuliert, Vorhersagen über das Auftreten von Primzahlen ermöglicht, ist bislang nicht bewiesen.

Nun hat der japanische Mathematiker Shinichi Mochizuki einen Beweis für die sogenannte abc-Vermutung vorgelegt. Auch darin geht es um Primzahlen, und zwar um die Beziehungen zwischen ihnen. Die Arbeit Mochizukis hat Mathematiker weltweit aufhorchen lassen. Denn sollte der Beweis tatsächlich stimmen, würde er manches Problem aus der Zahlentheorie gleich mitlösen - oder zumindest neue Ansätze dafür liefern.

Unter anderem folgt aus der abc-Vermutung direkt der Große Fermatsche Satz - ein Problem, das Mathematiker seit mehr als 300 Jahre zu lösen versuchen. Der Satz besagt, dass die Gleichung an + bn = cn für n>2 keine Lösung für natürliche Zahlen a, b, c besitzt. Formuliert hatte ihn bereits im 17. Jahrhundert der Mathematiker Pierre de Fermat, der Beweis gelang erst 1994.

Die abc-Vermutung ist etwas komplizierter als der Große Fermat, aber trotzdem noch gut zu verstehen. Auch darin geht es um drei natürliche Zahlen a, b und c, wobei c die Summe aus a und b ist und alle drei Zahlen keine gemeinsamen Teiler besitzen.

a + b = c

Nehmen wir als Beispiel die Zahlen 25, 27 und 52. Es gilt:

25 + 27 = 52

Diese drei Zahlen sind auch teilerfremd, denn 25 = 5*5, 27 = 3*3*3 und 52 = 2*2*13. Nun bilden wir das sogenannte Radikal dieser drei Zahlen. Es ist das Produkt aller in ihnen enthaltenen Primzahlen, wobei mehrfach auftretende Primzahlen wie zum Beispiel die 5 nur einmal berücksichtigt werden. So erhalten wir:

Radikal (abc) = 2*3*5*13 = 390

Die abc-Vermutung besagt nun, dass dieses Radikal bis auf wenige Ausnahmen immer größer ist als die Zahl c. Formuliert wurde diese Vermutung übrigens erst erst 1985 von zwei Zahlentheoretikern, dem Briten David Masser und dem Franzosen Joseph Oesterlé. In unserem Beispiel 25, 27, 52 trifft sie zu, denn 390 ist größer als 52.

Plus und Mal verquickt

Für Zahlentheoretiker ist die abc-Vermutung von großem Interesse. "Hier kommen die beiden Welten Addition und Multiplikation zusammen", sagt Jürg Kramer, Mathematiker an der Humboldt-Universität Berlin. In a, b und c steckten unterschiedliche Primfaktoren - und es gelte gleichzeitig die Beziehung a + b = c. "Addition und Multiplikation werden gewissermaßen verquickt, und das macht es auch so schwierig", erklärt Kramer.

Wie vertrackt das Addieren von Primzahlen sein kann, zeigt das einfache Beispiel 17 + 19. Beide Summanden sind Primzahlen - ihre Summe 36 ist hingegen eine aus Sicht von Zahlentheoretikern eher langweilige Zahl - nämlich das Produkt 2*2*3*3. Die Summe zweier ungewöhnlicher Zahlen kann also eine ganz gewöhnliche Zahl sein. Es lässt sich kaum vorhersagen, welche Primfaktoren in dieser Summe stecken. "Das ist eine ganz chaotische Situation", sagt Kramer.

Ob der Beweis des Japaners Shinichi Mochizuki stimmt, kann derzeit noch niemand sagen. Er besteht aus vier Teilmanuskripten mit zusammen 500 Seiten und ist im Internet veröffentlicht. Unter den Referenzen, auf die Mochizuki verweist, sind auch diverse noch nicht begutachtete Arbeiten von ihm selbst - Preprints, die zur einer Publikation bei einem Fachblatt eingereicht wurden. Zu den 500 Seiten des Beweises kommen deshalb wohl noch Hunderte weitere zu begutachtende Seiten hinzu.

Wie lang die Prüfung des Beweises dauern wird, lässt sich schwer vorhersagen. "Wenn die Begutachtung sehr schnell geht, ist das oft eine schlechte Nachricht", sagt Günter Ziegler von der TU Berlin. Er erinnert sich noch an den spektakulär angekündigten Beweis des Großen Fermatschen Satzes durch Andrew Wiles im Jahr 1993. "Sieben Gutachter haben den Beweis damals geprüft, mehr als üblich." Wiles sei schon gefeiert worden, aber dann habe einer der Gutachter einen fatalen Fehler entdeckt. "Der Fehler war so groß, dass er sich nicht einfach reparieren ließ."

Die Sache nahm trotzdem ein gutes Ende, denn Wiles setzte sich noch mal an den Schreibtisch und fand eine korrekte Lösung. "So etwas kennt man als Mathematiker eigentlich nicht", sagt Ziegler. Üblich seien eher kleinere Lücken im Beweis, die noch geschlossen werden müssten.

Dass Shinichi Mochizuki ein guter Mathematiker ist, daran zweifelt sein Berliner Kollege Kramer kaum: "Er forscht an einem renommierten Institut an der Kyoto University und hat schon beachtenswerte Arbeiten publiziert." Zudem habe Mochizuki hat eine gute Ausbildung bekommen, denn er habe bei Gerd Faltings promoviert. Faltings leitet das Max-Planck-Institut für Mathematik in Bonn. Er ist der bislang einzige Deutsche, der eine Fields-Medaille bekommen hat, die als Nobelpreis für Mathematik gilt.

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