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Japan: Immer noch Traumatisierte nach Tsunami


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Immer noch Traumatisierte nach Tsunami

Von afp
Aktualisiert am 03.03.2012Lesedauer: 3 Min.
Für viele einfach unfassbar: Überlebende Japaner blicken auf die zerstörte Stadt IshinomakiVergrößern des BildesFür viele einfach unfassbar: Überlebende Japaner blicken auf die zerstörte Stadt Ishinomaki (Quelle: dpa-bilder)
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Ein Jahr nach dem verheerenden Tsunami kehrt das Leben nur langsam wieder in die zerstörten japanischen Küstenstädte zurück: In der Stadt Ishinomaki werden Häuser wieder aufgebaut, Geschäfte öffnen ihre Tore und die Kinder gehen wieder zur Schule. Doch von Unbeschwertheit in dem einst quirligen Fischereihafen kann noch lange keine Rede sein. Viele Menschen sind traumatisiert - und suchen ihren eigenen Weg, mit den furchtbaren Erinnerungen umzugehen.

"Hier sind überall Menschen gestorben, hier und dort", sagt Satoshi Abe und zeigt auf einen zur Hälfte wieder aufgebauten Supermarkt. Die Arbeiten seien aus Angst vor den Geistern der Toten vom 11. März 2011 unterbrochen worden, erläutert der 64-Jährige. Die Menschen, die den Supermarkt wieder herrichten wollten, seien wegen der Geister krank geworden. "Die Stadt ist voll von solchen Geschichten."

Japaner glauben an Geister

Als nach dem verheerenden Erdbeben vor einem Jahr die gigantische Welle die Stadt an der Nordostküste Japans dem Erdboden gleich machte, starben dort 3800 Menschen - rund ein Fünftel der insgesamt 19.000 Toten allein in dieser Stadt. Nach japanischer Vorstellung kann jeder Mensch, selbst wenn er ein untadeliges Leben geführt hat, zum Geist werden, wenn sein Leichnam nicht ordentlich bestattet wird.

Ein Taxifahrer, der seinen Namen nicht nennen will, hält seither in den Teilen der Stadt, die komplett zerstört wurden, nicht mehr an. Er habe Angst, dass dort ein Geist zusteige, erzählt er.

Die Erinnerung an den 11. März 2011 werde nicht vergehen, sagt Shinichi Sasaki. Diese stete Erinnerung schaffe die Geister. "Wenn Du jemanden kennst, der getötet wurde, und der Tod war so plötzlich, dann kann man denken, dass diese Person noch immer da ist." Er selbst glaube nicht an Geister, aber er könne verstehen, dass die Stadt voller Gerüchte sei.

Plötzlicher Tod schwer zu akzeptieren

Experten halten den weitverbreiteten Geisterglauben gerade nach einer solchen Tragödie für normal. Dies diene dem Heilungsprozess. "Menschliche Wesen empfinden es als sehr schwierig, den Tod zu akzeptieren, egal ob sie von Natur aus eher abergläubisch sind oder eher rational denken", sagt der Kulturanthropologe Takeo Funabiki. Wenn jemand nicht im hohen Alter im Bett, sondern plötzlich oder unter außergewöhnlichen Umständen sterbe, dann sei das für viele Menschen schwer zu verstehen. Dies finde dann oft in Gerüchten oder Ritualen für die Toten Ausdruck.

Viele Menschen hätten große Schwierigkeiten, mit dem Verlust von Nahestehenden umzugehen, berichtet auch der Therapeut Koji Ikeda. Sie durchlebten eine Vielzahl von Gefühlen, mit denen sie nicht fertig würden. Dies würde dann zu den Geistervorstellungen führen.

Traditionelle Totenzeremonien

Anhänger des Shintoismus in Japan rufen die Schrein-Priester, um den Seelen der Toten den Übergang in die nächste Welt zu erleichtern. Dazu nehmen sie eine rituelle Reinigung der Stellen vor, an denen die Leichen gefunden wurden. Buddhisten gedachten im vergangenen Sommer der Tsunami-Toten, indem sie Altare mit Opfergaben aufbauten. Das sogenannte Obon-Fest wird alljährlich im Sommer gefeiert, weil in dieser Zeit die Verstorbenen für einige Tage die Lebenden besuchen.

Yuko Sugimoto, eine junge Frau, deren Bild in eine Decke eingewickelt in den Trümmern Ishinomakis vor einem Jahr um die Welt ging, hält sich selbst nicht für besonders abergläubisch. Dennoch hat sie keinen Zweifel daran, dass es Geister geben könnte. "Viele Leute, die ein normales Leben führten, sind plötzlich gestorben", sagt die 29-Jährige. "Ich bin mir sicher, dass sie das schwierig zu akzeptieren finden. Es wäre doch merkwürdig, wenn man nichts mehr von ihnen hören würde."

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