t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomePanoramaWissen

Forscher warnen vor Tsunami auf dem Genfer See


Wissen
Forscher warnen vor Tsunami auf dem Genfer See

Von dpa
03.11.2012Lesedauer: 3 Min.
Der Genfer See im Schatten der Alpen: Wissenschaftler fanden hier Spuren eines Tsunamis.Vergrößern des BildesDer Genfer See im Schatten der Alpen: Wissenschaftler fanden hier Spuren eines Tsunamis. (Quelle: dapd)
Auf Facebook teilenAuf x.com teilenAuf Pinterest teilen
Auf WhatsApp teilen

Infolge eines Erdrutsches ist die Stadt Genf nach Erkenntnissen von Forschern vor fast 1500 Jahren von einer riesigen Flutwelle überschwemmt worden. Schweizer Wissenschaftler entdeckten am Grund des Genfer Sees Spuren, die auf den verheerenden Tsunami im 6. Jahrhundert hinweisen.

Die Funde decken sich mit historischen Berichten, wonach eine Riesenwelle damals schwere Zerstörungen am Ufer des Sees anrichtete. Dank der Spuren konnten die Wissenschaftler um Katrina Kremer von der Universität Genf nun den Ablauf der Ereignisse rekonstruieren.

Eine Wiederholung ist nicht unwahrscheinlich

Verantwortlich für die verheerende Monsterwelle war demnach ein Steinschlag am Rhone-Ufer vor dem Ostende des Sees. Er führte zum Kollaps des Fluss-Deltas. Das wiederum brachte die Wassermassen im See derart in Bewegung, dass knapp 70 Minuten später in Genf, am anderen Ende des Sees, eine acht Meter hohe Welle über die Stadtmauern schwappte.

Es sei nicht unwahrscheinlich, dass derartige Ereignisse auch in Zukunft auftreten, mahnen Katrina Kremer von der Universität Genf und ihre Kollegen im Fachblatt "Nature Geoscience".

Schon der Erdrutsch zerstörte mehrere Dörfer

Dazu passen historische Berichte aus dem 563: In diesem Jahr hatte der französische Bischof Grégoire de Tours den ebenso verwirrenden wie erschreckenden Vorfall beschrieben, bei dem mehrere Dörfer zerstört und ganze Herden getötet worden waren und bei dem auch in Genf und Lausanne mehrere Menschen ertranken.

Demnach handelt es sich bei dem Abbruch um das als Taurendunum-Ereignis bekannte Unglück. Dabei soll der Felssturz unter anderem das Schloss Taurendunum am Hang das Grammont über dem Genfer mit hinabgerissen haben. Das geschah etwa an der Stelle, an der die Rhone in den Genfer See fließt. Der Steinschlag allein reichte den Berichten zufolge bereits aus, um mehrere Dörfer komplett zu zerstören, wobei viele Menschen ihr Leben verloren.

Tote in der Genfer Innenstadt

Noch mehr Zerstörung richtete allerdings der nachfolgende Tsunami an: Er überschwemmte die bereits damals dicht bevölkerten Ufer des Genfer Sees und arbeitete sich in kurzer Zeit bis in die Stadt selbst vor. Dort zerstörte er eine Brücke sowie einige Mühlen und tötete in der Innenstadt mehrere Menschen.

Auf der Suche nach Spuren, die dieses verheerende Ereignis hinterlassen haben könnte, untersuchten Kremer und ihre Kollegen nun den Seeboden an seiner tiefsten Stelle mit künstlich erzeugten seismischen Wellen. Dabei fanden sie eine ausgedehnte, linsenförmige Ablagerung mit einer Länge von etwa zehn und einer Breite von fünf Kilometern.

Im Durchschnitt hat sie eine Stärke von fünf Metern, wobei die dickste Stelle im Südosten, in Richtung des Rhone-Deltas, liegt. Die Untersuchung von Bohrkernen aus dem betreffenden Gebiet zeigte dann: Der Aufbau der Ablagerung ist typisch für sogenannte Turbidite, Gesteinsformen, die durch die plötzliche Bewegung großer Schlammströme entstehen.

Mit der Radiokarbonmethode, mit der das Alter organischer Bestandteile solcher Sedimente bestimmt werden kann, gelang es den die Forschern auch, den Zeitpunkt der Ablagerung einzugrenzen: Sie muss sich zwischen 381 und 612 nach Christus gebildet haben.

Datierung passt zu historischen Berichten

Da es aus diesem Zeitraum keine anderen Berichte über Bergrutsche oder Tsunamis gebe, sei es wahrscheinlich, dass die Ablagerungen wirklich dem Taurendunum-Ereignis zuzuordnen sind, schlussfolgern die Wissenschaftler. Mit Hilfe einer Computersimulation rekonstruierten sie die wahrscheinliche Abfolge der Ereignisse.

Demnach stürzte das Gestein am Rhone-Ufer auf ein Gebiet mit sehr weichem Erdreich, das sofort nachgab und in den Fluss rutschte. Dabei entstand ein Schlammstrom, der sich auf den See zubewegte und dessen Wassermassen verschob. Nur 15 Minuten später erreichte dann eine Welle von 13 Metern Höhe die Stadt Lausanne, nach 70 Minuten war Genf erreicht.

Heute wären die Folgen schlimmer

Die Ergebnisse zeigten, dass nicht nur Städte an Meeresküsten, sondern auch dicht besiedelte Seeufer durch Tsunamis gefährdet seien, betonen die Forscher - ein Risiko, das chronisch unterschätzt werde. Da der Auslöser des damaligen Steinschlags ebenso gut ein leichtes Erdbeben wie ein starker Platzregen gewesen sein könnte, sei es nicht unwahrscheinlich, dass er sich wiederhole.

Die Folgen wären heute allerdings ungleich schwerwiegender als im 6. Jahrhundert: Insgesamt leben an den Ufern des Sees mehr als eine Million Menschen. In Genf selbst würde eine Acht-Meter-Welle die komplette Innenstadt überschwemmen.

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website