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Doggerland: Karte zeigt das versunkene Herz Europas


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Karte zeigt das versunkene Herz Europas

Von spiegel-online
Aktualisiert am 09.07.2012Lesedauer: 3 Min.
Das Doggerland war wohl deutlich größer als bislang angenommenVergrößern des BildesDas Doggerland war wohl deutlich größer als bislang angenommen (Quelle: University of St. Andrew)
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Forscher nennen es Doggerland: Wo heute der Meeresgrund der Nordsee liegt, siedelten vor Tausenden Jahren Menschen. Die Wissenschaftler haben das untergegangene Land jetzt auf einer Karte auferstehen lassen - es war deutlich größer als angenommen.

Es war ein Aufbruch nach der Kälte. Die Eiszeit war vorüber, die Gletscher hatten sich nach Skandinavien zurückgezogen, Menschen wanderten nach Norden. Dort, wo heute die Nordsee schwappt, ließen sie sich nieder.

Man muss es sich recht paradiesisch vorstellen. Auf dem Marschland plätscherten Seen, Flüsse schlängelten sich durch dicht bewachsene Gräser- und Strauchlandschaften. Es gab genügend Nahrung für alle: Die Gewässer wimmelten von Fischen, im Schilf nisteten Vögel, Beerenbüsche säumten die Ufer. Tausende Menschen siedelten bis vor etwa 8000 Jahren dort, wo heute der Grund der Nordsee liegt, vermuten Archäologen.

Jetzt haben Geoforscher die Heimat der Siedler von damals auferstehen lassen. Auf dem Sommertreffen der britischen Royal Society in London präsentieren sie diese Woche einen Atlas von Doggerland, der untergegangenen Welt zwischen Großbritannien und Kontinentaleuropa, die vor 7500 Jahren versank.

Zu Fuß nach Irland

Das Land war demnach deutlich größer, als es Lehrbücher bislang darstellen: Es dehnte sich bis auf die Höhe Nordschottlands, wo es Dänemark mit den britischen Inseln verband, und im Süden gelangte man trockenen Fußes über den heutigen Ärmelkanal von Frankreich nach Irland. In der Ferne ragte steil und schroff die Küste des heutigen Großbritanniens in den Himmel.

Verlockender aber erschien unseren Vorfahren wohl das blühende Doggerland. "Es war das wahre Herz Europas", sagt Richard Bates, Geochemiker an der University of St. Andrews in Schottland. Hunderte Funde von Steinwerkzeugen, Harpunen und menschlichen Knochen belegen die lebendige Geschichte am Nordseegrund. Blütenpollen im Schlick geben Aufschluss über den Bewuchs.

Erkenntnisse von der Ölsuche brachten nun die alte Landschaft zurück: "Erst seit wir in den letzten paar Jahren die Daten von Ölfirmen bekommen haben, konnten wir rekonstruieren, wie das verlorene Land aussah", sagt Bates. Die Vermessung des Meeresbodens mit Schallwellen offenbart die Gestalt der ehemaligen Landoberfläche.

Tsunamis rollen heran

In einem 15-jährigen Forschungsprojekt haben die Wissenschaftler nach eigenen Angaben die Daten der Ölfirmen über den Nordseegrund mit der Klimageschichte und archäologischen Funden verglichen: Während am Ende der letzten Eiszeit die Gletscher weiter tauten, ihr Schmelzwasser die Meere hob, drang die Nordsee immer weiter vor.

Erst schluckte sie die Sümpfe und Täler. "Schließlich waren die Siedlungen auf Anhöhen isoliert", sagt Bates. Die heutigen Sandbänke im Meer gelten bei Archäologen als Fundgruben für Hinterlassenschaften der Bewohner von Doggerland.

Der Untergang kam plötzlich: Vor etwa 8000 Jahren rollten Tsunamis über die Nordsee. Vor der Küste Norwegens waren Schlammmassen am Meeresgrund einen Tausende Meter steilen Hang hinuntergestürzt und hatten gewaltige Wellen ausgelöst.

Der Untergang Rungholts

Sie überraschten die Steinzeitmenschen. Die Überreste einer Feuerstelle entdeckten Forscher an der Küste Schottlands, der Ort lag damals etwa zehn Meter über dem Meer. Er wurde von der Welle überrollt, das zeigen Sand- und Kiesablagerungen über der Feuerstelle. Spuren der gleichen Welle liegen in Norwegen, Island sowie auf den Shetland- und den Färöer-Inseln.

Vermutlich haben die Tsunamis Doggerland großteils überschwemmt, meinen Geologen wie David Smith von der University of Oxford in Großbritannien. Danach habe nur noch ein kleiner Teil der Landschaft am heutigen Nordseegrund aus dem Wasser geragt. Spätestens vor 7500 Jahren, so meinen die Forscher um Richard Bates, sei Doggerland endgültig im Meer versunken.

Doch damit war der Untergang der Nordseeküsten nicht vorbei. Mitte Januar 1362 riss eine Sturmflut Zehntausende in den Tod. Die sogenannte Grote Mandrenke verschlang auch das sagenumwobene Rungholt zwischen Pellworm und Nordstrand. Wie Doggerland ist es in der Nordsee versunken.

"Aus den Wassern rief es unheimlich und höhnte: Trutz, Blanke Hans", dichtete Detlev von Liliencron in seinem Rungholt-Gedicht. Immerhin eines konnten Forscher den Fluten nun abtrotzen: die Gestalt der untergegangenen Landschaft.

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