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Christian Wulff verpasst bei der Weihnachtsansprache die nächste Chance


Gesellschaft
Weihnachtsansprache ohne Wulff-Erklärung - Opposition lässt nicht locker

Von afp, dapd, dpa
Aktualisiert am 22.12.2011Lesedauer: 3 Min.
Bundespräsident Wulff äußert sich auch in seiner Weihnachtsansprache nicht zur Kredit-AffäreVergrößern des BildesBundespräsident Wulff äußert sich auch in seiner Weihnachtsansprache nicht zur Kredit-Affäre (Quelle: dpa)
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Neue Details über Hausdarlehen und Anzeigenkampagne bringen Christian Wulff weiter in Bedrängnis. Doch auch in seiner Weihnachtsansprache geht der Bundespräsident nicht auf die Vorwürfe ein. Stattdessen stellt er den Zusammenhalt in der Gesellschaft und in Europa ins Zentrum seiner vorab aufgezeichneten Rede. "Peinlich hoch drei", findet das die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International. Die Opposition fordert eine öffentliche Erklärung des Bundespräsidenten. Mit juristischen Konsequenzen muss Wulff nicht rechnen.

"Ich gehe davon aus, dass der Bundespräsident alle offenen Fragen persönlich beantwortet", sagte Gabriel der "Passauer Neuen Presse". "Dass nicht er, sondern seine Anwälte kommunizieren, halte ich für unglücklich." Wie der Bundespräsident mit den Vorwürfen umgehe, sei aber letztlich "allein seine Sache".

Steffi Lemke, die Bundesgeschäftsführerin der Grünen, sagte, es sei ein merkwürdiger Vorgang, wenn ein Bundespräsident die Fragen, die es in der Bevölkerung zu Recht gebe, nur noch von seinen Anwälten beantworten lasse. "Wenn Christian Wulff nicht als Salami-Präsident in die Geschichte eingehen will, muss er endlich Antworten geben. Persönlich und umfassend", sagte Lemke der "Welt".

"Latte selbst sehr hoch gelegt"

Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir sagte, Wulff habe in der Vergangenheit die politische Konkurrenz nie mit Samthandschuhen angefasst. "Deshalb hat er in moralischen Fragen die Latte selbst sehr hoch gelegt. Und daran wird er gemessen", sagte Özdemir der Berliner "Tageszeitung".

Der SPD-Politiker Sebastian Edathy zog dagegen Parallelen zum Fall von Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der als Verteidigungsminister nach massivem Druck wegen abgeschriebener Passagen in seiner Doktorarbeit zurückgetreten war. "Erst wird dementiert, dann wird behauptet, es gäbe Missverständnisse, dann wird eine Teilentschuldigung vorgenommen", kritisierte der SPD-Innenexperte im "Handelsblatt".

Edda Müller, die Vorsitzende von Transparency Deutschland forderte Wulff auf, noch vor Weihnachten alle Karten öffentlich und rückhaltlos auf den Tisch zu legen. Eine Weihnachtsansprache zum Zusammenhalt in der Gesellschaft sei "peinlich hoch drei", solange die gegen ihn erhobenen Vorwürfe im Raum stünden, sagte Müller der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Einzelheiten zum Inhalt der Weihnachtsansprache waren zuvor von Teilnehmerkreisen der Aufzeichnung bekannt geworden. An der Aufzeichnung im Schloss Bellevue nahmen etwa 70 Gäste teil. Dazu gehörten Feuerwehrleute, Einwandererfamilien sowie Mitglieder des deutsch-israelischen Jugendwerkes. Wulff hatte im vergangenen Jahr als erster Bundespräsident die traditionelle Ansprache zu Weihnachten vor Gästen gehalten. Sie wird am Sonntagabend ausgestrahlt.

Geerkens an Verhandlungen beteiligt

Wulffs Anwalt Gernot Lehr hatte am Donnerstag erstmals bestätigt, dass der Unternehmer Egon Geerkens in die Verhandlungen über den 500.000-Euro-Kredit für den Kauf des Privathauses des damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten eingeschaltet war. Dies sei aufgrund des besonderen Sachverstands und der freundschaftlichen Beziehungen von Geerkens zu Wulff geschehen, teilte Lehr in einem Schreiben an die Zeitung "Die Welt" mit. Das Darlehen selbst sei aber von Geerkens' Ehefrau Edith gewährt worden. Wulff hatte sich bislang nicht zu dessen Rolle bei dem Kredit geäußert.

Auch zu den Vorwürfen rund um Wulffs Interview-Buch wurden weitere Einzelheiten bekannt. Der mit ihm befreundete Unternehmer Carsten Maschmeyer hatte eine Anzeigenkampagne für den Band "Besser die Wahrheit" finanziert. Von diesen Zahlungen wusste der damalige Ministerpräsident in Hannover nach Angaben seines Anwalts, Maschmeyers und des Verlages jedoch nichts.

Nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" wurden auf Wunsch Maschmeyers die Rechnungen mehrfach für die PR-Aktion geändert. Dadurch habe der Geschäftsmann offenbar seine großzügige Unterstützung für Wulff verbergen wollen, schrieb das Blatt.

Keine Ermittlungen gegen Wulff

Bei der Staatsanwaltschaft Hannover liegen neun Strafanzeigen gegen Wulff vor. Auf einen Untersuchungsausschuss wollen und SPD und Grüne im niedersächsischen Landtag vorerst verzichten. Zunächst müssten alle anderen parlamentarischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, erklärten ihre Vertreter.

Die Staatsanwaltschaft Hannover teilte inzwischen mit, es werde keine Ermittlungen gegen den Bundespräsidenten geben. Die Beziehungen zu den befreundeten Unternehmern und die von ihnen gewährten Vergünstigungen ließen "das Geschehen insgesamt als plausibel und strafprozessual unverdächtig erscheinen". Die Behörde dürfe grundsätzlich immer nur dann Ermittlungen einleiten, wenn es Anhaltspunkte für eine Straftat gebe.

In der Bevölkerung hat Wulff nach einer Umfrage allerdings an Autorität eingebüßt. Laut einer Forsa-Befragung im Auftrag des Magazins "Stern" sagten 31 Prozent der Bürger, er habe für sie an Ansehen verloren. Einen Rücktritt lehnt die überwältigende Mehrheit (79 Prozent) aber weiter ab.

Rückendeckung in der Koalition

In der Koalition genießt Wulff dagegen weiterhin Rückhalt. Nach Kanzlerin Angela Merkel nahm auch Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) das Staatsoberhaupt in Schutz. "Ich habe volles Vertrauen zu diesem Bundespräsidenten", sagte er der "Berliner Zeitung".

Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) forderte ebenso ein Ende der Debatte wie die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt. "Aus Respekt vor dem Amt sollte die Diskussion unverzüglich eingestellt werden", sagte diese der "Neuen Osnabrücker Zeitung". FDP-Generalsekretär Patrick Döring bezeichnete in der "Rheinischen Post" die jüngsten Vorwürfe wegen der Anzeigenkampagne für ein Wulff-Buch als haltlos.

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